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21.03.2017

Welt aus Granit- Auf dem GR 20 durch Korsika 2



Am Morgen beträgt die Temperatur lediglich 2 Grad und ein leichter Dunstschleier liegt über dem See und dem breiten Wiesental durch das ich bald laufe.

                                       Kühler Morgen hinter dem Lac de Nino

Im Tal weiden sehr viele Pferde, die offenbar zu einer nahe gelegenen Bergerie gehören. Ich steige ins Tavignano Tal ab und bin begeistert von den knorrigen Hutebuchen, die dort wachsen.
Nach dem Refuge de Manganu beginnt ein weiterer spektakulärer Abschnitt des GR 20. Die Route steigt auf zur Breche de Capitellu auf über 2000 Meter und folgt dann lange Zeit einem Grat oberhalb der Seen Lac de Capitellu und Lac de Melu. Es gibt auch einige Kletterstellen, die wie immer auf Korsika, schwieriger aussehen, als sie tatsächlich sind. An einer steilen Felsstufe die mit Drahtseil gesichert ist, lege ich meine Stöcke nicht aus der Hand, werde dafür aber von einem entgegenkommenden Wanderer ermahnt...



                      Mit Drahtseil gesichertes Steilstück


                         Breche du Capitellu


                    Spektakuläre Bergszenerien

Schließlich steige ich zum Refuge Petra Piana ab, wo ich die Schotten und Norwegerinnen wieder treffe. Wir unterhalten uns nett, und ein wenig bin ich versucht zu bleiben, aber ich ziehe es dann doch vor weiter zu laufen. Ab hier folge ich einer gelb markierten, alpinen Variante des GR 20. In der Ferne geht Regen nieder und die Wetteraussicht scheint nicht allzu gut zu sein, dennoch steige ich zu einem exponierten Grat auf.



                  Wird mich das schlechte Wetter erreichen?

Aber ich habe Glück, bei mir bleibt es trocken und das Wechselspiel zwischen Sonne und Wolken ergibt spektakuläre Stimmungen.


                          Tolle Stimmungen

Auf dem steilen, felsigen Grat gibt es keinen Zeltplatz, daher laufe ich ein Stück weit nach unten, bis ich zwischen den Grünerlen einen halbwegs offenen, ebenen Platz finde.
Zum Sonnenuntergang branden Dunstmassen gegen die dunklen Berge, während die Sonne hinter den Wolken versinkt.


                                Dramatischer Abend auf dem Grat

Es ist herrlich, morgens oben zu sein, bevor die Sonne hinter den Bergen erscheint. Schließlich steige ich über einen breiten Rücken ab, und sehe das Refuge l'Onda unter mir, steige aber wieder auf, bevor ich die Hütte erreiche. 
Eine Metalltafel auf 2140 Meter Höhe, erinnert an einen französischen Alpinisten, der hier während einer Winterbegehung mit seinem Hund verschollen ist.


        Eine Tafel erinnert an einen verunglückten Alpinisten

Leider ist es heute nicht ganz so klar, dennoch nehme ich die alpine Variante zum Monte d'Oro (2389), einem Berg voller mächtiger Granitblöcke. Lediglich die letzten Meter zum Gipfel erfordern an einer Stelle etwas leichte Kletterei.





                                Monte d'Oro

Während der Abstieg zunächst wenig steil ist, geht es später einige Zeit durch eine stark abschüssige Rinne, die etwas Konzentration erfordert.


                           Abstieg vom Monte d'Oro

Noch recht weit oben, schlage ich ein Lager im von Granitblöcken durchzogenen Wald, weit abseits des Weges auf. Die ersten Ahornblätter färben sich hier bereits gelb.
Nach einem langen Abstieg erreiche ich am nächsten Morgen Vizzavonna, ein Weiler der auf lediglich 1163 Meter liegt. Zwar hat man hier erst lediglich die Hälfte der Strecke bewältigt, aber da man im Südteil des GR 20 schneller vorankommt, benötigt man von hier nach Conca weniger Zeit als nach Calenzana, wo ich meine Wanderung begonnen hatte. Der Weg berührt den Ort nicht, daher wandere ich zunächst auf Waldpfaden bald wieder aufwärts.
Hinter der Bocca Palmente führt der Weg lange Zeit am Hang entlang durch herrliche Wälder. Wo sich ein Ausblick ergibt, erstreckt sich weites Grün, Kamm für Kamm. Nach den langen, felsigen Abschnitten eine schöne Abwechslung!




                               Waldreicher Abschnitt

Bevor ich das Refuge de Capannelle erreiche, biege ich auf eine weitere alpine Variante ab, die über den Monte Renoso führt. Es gefällt mir gar nicht, dass ich hier auf eine Straße und hässliche Skipisten stoße. Als ich in der "Skihütte" nach etwas zu essen frage, will der Wirt wissen, wo ich übernachte. Als ich ihm sage, dass ich noch weiter laufe, belehrt er mich, dass das wilde Zelten nicht gestattet ist. O.K, dann esse ich hier eben nicht, und übernachten kommt nach so einer unfreundlichen Begrüßung auch nicht in Frage...
Nach einem steilen Anstieg, erreiche ich ein weites Hochplateau voller guter Zeltplätze. Zwar sieht es stark nach Regen aus, aber es fallen nur wenige Tropfen.


                      Zeltplatz auf der Route zum Monte Renoso

Abends steige ich noch bis zum klaren Bergsee Lac Bastiani auf 2089 Meter Höhe, wo ich zum Sonnenuntergang einige Bilder vom Stativ mache.




















                                                         Lac Bastiani

Die Etappe über den Monte Renoso ist für mich der einsamste Teil meiner Wanderung auf Korsika. Vielleicht täuscht der Eindruck, aber nur auf diesem Stück muss ich manchmal ein wenig nach der nächsten Wegmarkierung suchen.
Bereits um 8 Uhr stehe ich auf dem Gipfel des 2352 Meter hohen Monte Renoso und kann, während ein scharfer Wind bläst, die Aussicht über die Granitgipfel genießen.


                            Monte Renoso

Der Abstieg führt zunächst über einen breiten, felsigen Rücken.


                           Abstieg vom Monte Renoso

Erst nachdem ich ins liebliche Pozzo Tal gelangt bin, treffe ich die ersten Wanderer des heutigen Tales.



                                 Pozzo Tal

An der Bergerie erteilt ein netter, alter Schäfer den Wanderern gerne Auskunft über sein Leben mit den Tieren in den Bergen Korsikas.


                       Begegnung mit einem Schäfer

Ich verfehle den Hauptweg talabwärts und gelange auf einem wenig benutzten Steig zurück zum GR 20.
Am Bach steht dort eine mächtige Weißtanne. Während ich den eindrucksvollen Baum ausgiebig fotografiere und bewundere, erscheint eine einzelne Wanderin, mit der ich meine Begeisterung teile.



                       Mächtige Weißtanne im Pozzi Tal

Katarina kommt aus Norwegen und will den Südteil des GR 20 erwandern. Wir unterhalten uns sehr gut, essen am Col Verde ein Eis und laufen dann zusammen bergauf zum Refuge de Prati.



                  Unterwegs zum Refuge de Prati

Katarina hat ihre Übernachtungen in Mietzelten an den Hütten fest gebucht, weshalb ihre Etappen fest stehen. Wie bereits erwähnt, hatte ich ja eigentlich vor, auf dem GR 20 stets abseits der Refuges wild zu zelten, aber wir verstehen uns so gut, dass ich diesen Plan jetzt ändere und von nun an ein wenig mehr die soziale Seite des Weges kennen lerne.
Um das Refuge liegen eine Menge guter Zeltplätze, was nicht bei jeder der Hütten der Fall ist. Trotz in der Regel großzügig scheinender Sonne auf Korsika, gibt es hier keine Solarduschen, daher muss man mit eiskaltem Wasser vorlieb nehmen.
Vorher heißt es aber häufig erst einmal zu warten, denn Duschen und Toiletten sind eher dürftig vertreten...
Nicht untypisch für die Refuges auf Korsika...
Zur Feier des Tages bestellen wir das Tagesmenü. Etwas Brot und Schinken, einige Nudeln, dazu etwas Wein für 18 Euro! Klar, die Hütten haben meist keinen Straßenanschluss, daher ist der Transport der Lebensmittel hierher ziemlich aufwendig und teuer.


                          Refuge de Prati

Nachdem es am Morgen zunächst über eine weite Hochebene geht, wandern wir lange Zeit über aussichtsreiche Grate.


                     Hochebene hinter dem Refuge




              Auf aussichtsreichen Graten

Zwar hat der Südteil des GR 20 den Ruf, weniger spektakulär zu sein, aber das finde ich keineswegs, mir gefällt der etwas niedrigere Abschnitt eben so gut!
Während ich am Solowandern das perfekte Aufgehen in der Natur so sehr schätze, tritt jetzt für mich das Zusammensein mit Katarina und die interessanten Unterhaltungen die wir führen in den Vordergrund. Dabei ist es auch schön, die Eindrücke die wir in der herrlichen Bergwelt gewinnen, miteinander zu teilen.
Am Nachmittag zieht ein Gewitter auf, und mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, auf dem an vielen Stellen ausgesetzten Grat zu wandern, aber wir haben Glück, zwar sehen wir nicht allzu weit entfernt Regen nieder gehen, aber wir bleiben trocken und von Blitz und Donner verschont.


                     Das Gewitter hat Nebelschwaden gebracht

Abends am Refuge d'Usciolu treffen wir den Engländer John, mit dem wir in den nächsten Tagen viel Zeit verbringen.
Am nächsten Morgen trifft neuer Proviant für die Hütte mit einer kleinen Maultierkarawane ein.


                  Die Refuges werden per Mulikarawane versorgt

Schon früh am Morgen sind wir wieder auf herrlichen Graten mit einigen leichten Kletterstellen unterwegs. Eine ältere Frau, die wir mit ihrer Familie schon einige Male gesehen hatten, und für ihre Zähigkeit bewunderten, hat sich offenbar den Fuß so verletzt, dass sie nicht mehr weiter laufen kann. 
Etwas später kommt der Hubschrauber...


                     Früh am Morgen


             Hoch über dem Tal

Gegen Mittag erreichen wir wiederum eine ganz andere Landschaft: Offene Flächen durchzogen von knorrigen Buchenwäldern an einem spritzigen Bach, wo wir eine ausgiebige Pause machen. Wenn sich die Blätter verfärben, muss es in dieser zu weiteren Erkundungen einladenden Landschaft fantastisch sein.



                      Offenflächen und Buchenwälder

Nachmittags wählen wir eine Alternative des GR 20, die über den 2154 Meter hohen Monte Incudine führt. Obwohl wir beim Aufstieg immer wieder kurz in Wolken gehüllt werden, können wir schließlich den Ausblick von diesem letzten hohen Berg am GR 20 zu den gezackten Bavella Spitzen genießen.


                  Sonne und Wolken am Monte Incudine

Das Refuge Asinao ist vor kurzem ausgebrannt, daher sitzt man hier in einem provisorischen Zelt zusammen. Neben John, der auch wieder da ist, lernen wir eine ganze Reihe anderer Wanderer kennen.
In der Nacht geht ein heftiges Gewitter mit viel Regen nieder, daher beginnt der nächste Morgen feucht und dunstig. Nachdem wir einen Kaffee im Hüttenzelt getrunken haben, entschließen wir uns dennoch, die alpine Variante über die Aiguilles de Bavella zu nehmen, in der Hoffnung das es aufklart.
Nebel und erste gelbe Birkenblätter erzeugen eine schon fast herbstliche Stimmung.


                    Herbstliche Stimmung


                     Klart es auf?

Wir treffen John, den sympathischen, englischen Arzt, und wandern jetzt zu dritt weiter.


                         Katarina und John

Sonne und Dunst streiten um die Vorherrschaft, aber dennoch erhaschen wir dann und wann einen Blick auf die markanten Felsspitzen der Aiguilles de Bavella.



                         Aiguilles de Bavella

Einige Kletterstellen würzen die abwechslungsreiche Route, und einmal muss man sich an einer Stahlkette einige Meter aufwärts hangeln.


                           Die Schlüsselstelle an den Aiguilles


                             Abwechslungsreiche Route im Granit

Wie erhofft, lichtet sich der Dunst rechtzeitig und wir können schöne Ausblicke in die bizarre Felswelt und bis zum jetzt nicht mehr weit entfernten Meer genießen. Gleichzeitig wird uns aber bewusst, dass die schöne Wanderung langsam ihrem Ende entgegen geht...


                   Die Wolken lichten sich rechtzeitig


                        Das Meer ist nicht mehr weit

Am Col de Bavella herrscht ein ausgeprägter Touristentrubel. Einerseits nerven Motorräder und laute Menschenmassen, aber andererseits ist es auch schön, dort zu dritt draußen in einem Café zu sitzen und dem Treiben zuzuschauen.
Als wir über einen Waldpass zum Refuge de Paliri laufen, begegnen wir einer Maultierkarawane. Man hat den Eindruck, als ob die Tiere nur Bierdosen tragen...


Biertransport...

Paliri liegt auf einem weiten Plateau in schöner Umgebung. Hier ist viel Platz zum Zelten, weshalb es hier weniger gedrängt als bei vielen anderen Refuges auf Korsika zugeht.

                            Paliri

In der Nacht und am Morgen regnet es und wir bedauern ein wenig den jungen Neuseeländer, der hier lediglich mit einem Biwaksack unterwegs ist. Obwohl es weiterhin ziemlich nass ist, laufen wir ohne Regenzeug und genießen die sattgrüne Landschaft. Wer allerdings glaubt, dass man von Paliri nach Conca, dem Endpunkt des GR 20, nur noch einfaches Bergab laufen vor sich hat, täuscht sich ein wenig. Auch die letzte Etappe wartet noch mit einigen Höhenmetern auf und ist durchaus reizvoll.



                       Endspurt nach Conca

Gegen Mittag haben wir schließlich nach ca. 190 Kilometern das Ende des Weges erreicht.

                             Das Finale

Da Katarina noch einige Tage in Porte Vecchio verbringen will, heißt es Abschied nehmen.
John will dagegen auch nach Bastia. Ein Minibus bringt uns und eine Reihe weiterer Wanderer nach Ste. Lucie von wo wir mit dem Bus weiter fahren können.
Obwohl es bereits Mitte September ist, erweist es sich als gar nicht so einfach in Bastia eine Unterkunft zu finden. Schließlich teilen John und ich uns ein Hotelzimmer weit außerhalb.
Bevor mein Rückflug geht, erkunden wir am nächsten Tag noch ein wenig die Stadt.


                       Der Hafen von Bastia

Der GR 20 hat mir sehr gut gefallen, obwohl ich ja sonst eher weniger bekannte und dementsprechend frequentierte Routen bevorzuge. Er ist landschaftlich sehr vielfältig und schön. Ob er tatsächlich der schwierigste Wanderweg Europas ist? Das ist schwer zu beurteilen, aber ich bin davon überzeugt, dass jeder mit einer halbwegs guten Fitness und dem Willen kleinere Kletterpartien anzugehen, den GR 20 gut bewältigen kann.





































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