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08.12.2013

Durch Wüsten und Canyons des Colorado Plateaus 8

Nachdem ich einige Riegel aus meinem Fundus gefrühstückt habe, bin ich bereits um 7.45 zur Öffnung der BLM Station vor Ort. Nach meinem Permit hätte ich schon gestern loslaufen müssen, aber diese Verspätung um einen Tag stellt kein Problem dar.
Der Ranger rüstet mich mit Müllsäcken aus, in denen auch die menschlichen Ausscheidungen aus den Schluchten transportiert werden sollen und eröffnet mir die Wettervorhersage.
Diese ist extrem wichtig, da es vor allem in den 19 Kilometern Länge von Buckskin Gulch fast keine Ausstiegsmöglichkeit gibt und dort von einer Flashflood überrascht zu werden fatal wäre…

Nun, die Aussichten sind gut, offenbar ist in den nächsten Tagen kein Regen in Sicht. Dass diese Vorhersage nicht stimmte sollte ich noch früh genug bemerken …
Die letzte Wasserwelle rollte nach Angaben des Rangers vor zwei Wochen durch Buckskin Gulch. Zwar trocknet der Canyon nur sehr langsam ab, da das Sonnenlicht nur wenige Stellen erreicht, aber größere Probleme bei der Begehung der engen Schlucht sollten sich seiner Meinung nach nicht ergeben.
Mit dem Permit in der Tasche laufe ich zur Tankstelle am Ortsausgang. Ich rechne mir aus, dass ich rasch eine Mitfahrgelegenheit finde, wenn ich die netten Amerikaner persönlich ansprechen und nicht nur mit erhobenem Daumen am Straßenrand stehe.
Darin sollte ich mich allerdings täuschen, obwohl ich all meine Freundlichkeit einsetze, dauert es eineinhalb Stunden, bis mich ein älteres Paar mitnimmt. Leider fahren die Beiden nur 25 Kilometer weit, aber ich denke mir, dass es besser ist nur eine kurze Strecke mitgenommen zu werden, als gar nicht. Ein Fehler, den ich später noch bereuen sollte.
Es stellt sich heraus, dass die Beiden Trapper sind, die versuchen ein wenig Geld mit dem Fang von Coyoten zu verdienen. Da diese Verwandten der Wölfe wohl häufig Schafe und Kälber fressen, hat der Staat Utah eine Kopfprämie von 25 Dollar auf sie ausgesetzt. Da sie quasi als Schädlinge gelten, darf jedermann sie jagen …
So stehe ich dann also bald wieder im Nirgendwo am Highway. Zwar gibt es mehr Verkehr als Gestern, aber zunächst hält niemand. Erstaunlich wie groß der Unterschied im Trampen zwischen den abgelegenen Dirtroads und den befahrenen Highways ist. Während ich dort bisher nie länger warten muss, sieht das hier ganz anders aus …
Aber ich habe Glück, schon nach einer Stunde werde ich doch mitgenommen, von einem jungen bayerischen Paar, das in Utah seinen Urlaub verbringt!
Sie wollen weiter zum Antelope Canyon der für sein magisches Licht berühmt ist, und lassen mich daher am Abzweig der Houserock Valley Road raus.
Auf dieser muss ich noch 7 Kilometer weit laufen, bis ich endlich an den durch ein Schild markierten Trailhead für Buckskin Gulch gelange.
Zunächst ist das Tal noch breit und verläuft zwischen den markanten Bergen des Cockscomb. Kugelförmige, trockene stachlige Büsche wurden von vergangen Fluten ausgerissen und am Rande des von Trocknungsrissen durchzogenem Bachbett angespült. Die Masten der Hochspannungsleitung die vom Glen Canyon Staudamm hierher führt, stört den optischen Eindruck für meinen Geschmack schon recht stark.
Die Natur präsentiert den Sandstein der Berge in kühnen Formen, mal domartig, mal eher tafelbergförmig. Die ausgeprägte Musterung des Gesteins lässt erahnen, dass es in der Vergangenheit tatsächlich Sanddünen waren.

                                      Buckskin Gulch durchbricht die markanten Berge des Cockscomb

Hier in bequemer Nähe zum Trailhead gibt es auch noch Tagestouristen. So begegnet mir ein deutsches Paar mit ihrem Kind in einer Trage und eine ältere Amerikanerin. Aber da dennoch nicht viele Leute hier unterwegs sind, wechselt man stets einige Worte.
Nach zwei Stunden verengt sich die Schlucht und der eigentliche Slotcanyon beginnt. Jetzt am Nachmittag kann die Sonne an manchen Stellen an den Boden des Canyons gelangen und zaubert oft warme Orangetöne hervor. Je nach Licht und Schatten können die dann aber auch schnell in fast schwarze Farben übergehen.
Es ist schwer zu beschreiben, aber dieser Canyon erzeugt in mir eine fast andächtige, staunende Stimmung.
Bis auf wenige Pfützen ist der Boden der Schlucht trocken und ich komme gut voran.


                                                          Buckskin Gulch beginnt

Nach einiger Zeit weitet sich der Canyon. Hier an der Einmündung der Nebenschlucht Wire Pass gibt es den letzten vor Überschwemmungen halbwegs sicheren Lagerplatz für lange Zeit, daher schlage ich mein Zelt auf, obwohl es noch recht früh ist. Ich entdecke eine Terrasse oberhalb der Schlucht, die wie die Spuren zeigen offenbar häufig zum Lagern genutzt wird.

                      Die letzte Zeltmöglichkeit vor dem Vordringen in den Bauch von Buckskin  Gulch

Anschließend erkunde ich noch ein Stück weit den weiteren Verlauf der Schlucht. Da ich aber schon bald an Stellen mit tieferem Wasser gelange und heute noch trocken bleiben möchte, kehre ich bald wieder um.
In der Nähe von meinem Lagerplatz gibt es etwas Grün, daher ist es auch kein Wunder, dass ich einen Hasen treffe, der mich ohne Scheu bis auf kürzeste Distanz an sich herankommen lässt. Wie der sich wohl auf seiner Wanderung durch den engen, dunklen Slotcanyon hierher gefühlt hat?
Ganz in meiner Nähe haben zwei junge Amerikaner ihr Lager aufgeschlagen. Einer von ihnen hat einen Spot Satellitennotrufsender dabei. Da ich bisher nur von dem Gerät gehört, aber noch niemanden getroffen habe, der ihn in Gebrauch hat, nutze ich die Gelegenheit um etwas über praktische Erfahrungen mit dem Spot zu hören.
Für meine häufigen Solowildnistouren wäre es bestimmt nicht schlecht, so ein leichtes, relativ günstiges Gerät dabei zu haben.
Hier wo sich Buckskin Gulch und Wire Pass treffen, gibt es Ritzzeichnungen (Petroglyphen) der Anasazi an einer Felswand. Die ziegenähnlichen Tiere die hier dargestellt werden, sind Dickhornschafe.

                                                              Ritzzeichnungen der Anasazi

Am nächsten Morgen ist es ziemlich frisch und ich bin froh, dass ich meine Daunenjacke anziehen kann. Nach der kurzen Aufweitung an meinem Lagerplatz verengt sich die Schlucht wieder auf Breiten zwischen einem und sieben Metern.
Die häufig wiederkehrenden Fluten haben die Wände geformt, mal zu durchläuchertem Käse mal blank poliert.
Es dauert zwar ziemlich lange, aber irgendwann verrät an manchen Stellen die Felsen auf geheimnisvolle Art färbendes Licht, dass „draußen“ die Sonne scheint.

                   
                                      Manchmal werden die Schluchtwände in mystische Farben gehüllt

Obwohl Buckskin Gulch an keiner Stelle so eng ist wie Round Valley Draw, kann man auch hier durchaus Platzangst entwickeln, vor allem auch weil man hier den ganzen Tag im „Tunnel“ steckt.

                                                            Kein Ort für Platzangst!

Regelrecht unangenehm finde ich aber die Passagen die man im Wasser zurücklegen muss. Häufig sieht man nicht wie weit der wasserbedeckte Abschnitt reicht und natürlich weiß man auch nie vorher, welche Tiefe die schlammbraune Flüssigkeit hat. Das Wasser ist erstaunlich kalt und besonders unangenehm ist der stinkende, klebrige Schlamm am Boden der mit Wasser gefüllten Bereiche.
Ich ziehe in der Regel Stiefel und Socken aus, lege meinen Rucksack ab und erkunde erst mal den vor mir liegenden Bereich. In der Regel reicht das aus, aber es gibt auch Bereich in denen das Wasser fast bis zur Hüfte steht. Einmal muss ich mich sogar vollständig ausziehen und den Rucksack über meinem Kopf tragend bugsieren. Glücklicherweise komme ich aber nie in die Verlegenheit schwimmen zu müssen, was bei höheren Wasserständen durchaus vorkommen kann.
Erstaunlicherweise folgen auf die „nassen“ Passagen immer auch wieder trockene Abschnitte. Doch manchmal folgt eine wassergefüllte Senke der anderen, so dass es sich nicht wirklich lohn die Stiefel wieder anzuziehen.
Durch den häufigen Kontakt mit dem kalten Wasser bin ich irgendwann ziemlich durchgefroren und freue mich daher als ich einen Platz finde, an dem die Sonne die Schlucht aufheizt.


                                Immer wieder geht es durch kaltes Wasser voll mit stinkendem Schlamm

Da mein kleines Handtuch schon ziemlich bald kein Schlammwasser mehr aufnehmen kann, sind meine Socken obwohl ich sie immer ausziehe, auch schon bald nass und schlammverkrustet.

                                                                Schlammschlacht

Oft zeigt eine graue Kruste, dass der mittlere Wasserstand bei Überschwemmungen wohl bei etwa zwei Metern liegt, aber es gibt auch festgeklemmte Baumstämme in zehn Metern Höhe! Zwar gibt es ungefähr zwei Stellen an denen man mit Mühe aus der maximal 50 Meter hohen Schlucht klettern kann, aber im Zweifelsfall hätte man bei einem Unwetter draußen hier drinnen wohl keine Chance. Natürlich gibt es auch Leben hier im Untergrund des Colorado Plateaus. Einmal ist die Luft vom Zwitschern zahlloser Fledermäuse erfüllt. Dann entdecke ich zwei tote Vogelspinnen und die bunten Federn eines Spechtes der hier vielleicht von einem Sperber gerupft wurde, den ich einmal auch beobachten kann.
Ich möchte bis zum Abend unbedingt das Ende der 19 Kilometer langen Schlucht erreicht haben. Daher werde ich ein wenig nervös als ich merke wie langsam ich vorankomme und nehme mir daher irgendwann auch dummerweise nicht mehr die Zeit immer Stiefel und Hose auszuziehen. Crocs oder ähnliche Schuhe wären hier sicher eine gute Idee, aber wie geschrieben habe ich aus Gewichtsgründen nur meine Stiefel dabei.
Ganz selten gibt es auch Stellen die etwas mehr Licht in die Schlucht lassen, was dann auch etwas Grün hervorbringt.
Statt das das Vorankommen am späten Nachmittag einfacher wird, stellt es sich immer schwieriger dar. Felder aus großen Felsblöcken versperren meinen Weg und einmal gibt es sogar eine kleine Kletterstelle mit Seil.

                                            Riesige Felsblöcke versperren mir den Weg

Es wird später und später und ich befürchte schon im Schein meiner Stirnlampe weiter laufen zu müssen, was ich bei dem zum Teil schwierigen Gelände nicht unbedingt möchte, aber in dieser dunklen, unterirdischen Gruft zu schlafen mit der Unsicherheit ob das Wetter auch wirklich hält möchte ich vermeiden.
Aber ich habe Glück, in der Abenddämmerung gegen 19 Uhr öffnet sich Buckskin Gulch endlich und ich kann auf einer Terrasse oberhalb des jetzt sogar fließenden, klaren Rinnsals mein Lager aufschlagen.
Den ganzen Tag bin ich keinem Menschen begegnet, daher wundere ich mich als zwei Jugendliche aus Colorado mich besuchen, die mit ihrer Schulklasse in der Nähe zelten.
Einerseits war Buckskin Gulch sicher ein beeindruckendes Erlebnis, andererseits war das Wandern in der Schlucht zum Teil auch etwas monoton und bedrückend.
Den Schlamm in den wassergefüllten Passagen, von dem jetzt meine ganze Ausrüstung bedeckt ist, finde ich regelrecht widerlich.
Kurzum, mein Urteil lautet, schön diese Schlucht einmal gelaufen zu sein, ein zweites Mal brauche ich das nicht…
Zum ersten Mal auf dieser Tour schafft es mein GPS im Nachtlager nicht ausreichenden Satellitenempfang herzustellen.
Als ich am nächsten Morgen damit beginne mein Lager abzubauen, beginnt es zu hageln! Der Himmel ist bedeckt und wirkt ziemlich bedrohlich. Wie war das noch mit der Wettervorhersage? Zunächst ziehe ich mich ins Zelt zurück und warte erst mal ab. Der Hagel geht in Regen über, der zwar nicht allzu stark, dafür aber stetig fällt.

                                                    Zum Glück kam der Regen nicht gestern…

Es dauert nicht lange, bis ich Besuch erhalte. Todd, der Lehrer der in der Nähe zeltenden Gruppe und ein Schüler laden mich ein, zu ihrem etwas höher gelegenen Lager zu kommen. Offenbar sieht auch der Canyon erfahrene Lehrer das Risiko einer Flashflood.
Ich finde das Angebot sehr nett und lasse mich daher nicht lange bitten.
Die Gruppe aus 6 Jungen und zwei Mädchen im Alter von 16 Jahren stammt aus Durango in Colorado. Sie wird von Todd, der schon häufig solche Schulexkursionen organisiert hat und einer weiteren Lehrerin begleitet. Gestern haben sie ihre Wanderung ein Stück weiter oberhalb am Paria River begonnen, sie haben daher Buckskin Gulch nicht durchquert. Aber auch der gestrige Tag am Paria war wohl abenteuerlich genug. Sie erzählen, dass an drei Stellen das Wasser so tief war, dass sie nur mit Mühe die Rucksäcke über dem Kopf haltend den Fluss überqueren konnten. Die Gruppe hat fünf weitere Tage zur Verfügung und will ebenso wie ich den Paria abwärts bis Lees Ferry am Colorado wandern.
Als es dann auch noch kurz in der Nähe donnert, ist uns klar, dass es wohl ziemlich unvernünftig wäre, jetzt diesen hochgelegenen, sicheren Lagerplatz zu verlassen.
Todd und die Lehrerin wirken ziemlich angespannt, was ja auch kein Wunder ist, schließlich tragen sie die Verantwortung für die Schüler.
Diese sehen die Situation dagegen eher entspannt und brennen sogar darauf Buckskin Gulch ein Stück weit zu erkunden, woran aber natürlich nicht zu denken ist.
Schade, dass deutsche Schüler nie die Gelegenheit zu solch abenteuerlichen Ausflügen erhalten. Ich finde es jedenfalls ganz hervorragend, dass „Outdoor Education“ hier Teil des Lehrplans ist.
Gegen 10 Uhr ist es zwar immer noch kühl und düster aber es sieht meiner Meinung nach nicht mehr nach einem Unwetter aus. Daher nehme ich meinen Rucksack und verabschiede mich von der Gruppe, die wahrscheinlich den ganzen Tag an ihrem Lagerplatz bleiben wird.
Buckskin Gulch verläuft jetzt noch ein Stück weit offen mäandernd mit schlammigen Ufern bis ich schon nach kurzer Zeit die Mündung in den Paria River erreiche.


                                         Buckskin Gulch mündet in den Paria River

Hier überquere ich die Grenze zwischen den beiden Bundesstaaten Utah und Arizona. Da ich damit auch in eine andere Zeitzone gelange muss ich die Uhr eine Stunde zurückstellen.
Das Paria Tal ist hier sehr schmal und wird von hohen roten Sandsteinwänden eingefasst. An den meisten Stellen ist der Bach ziemlich flach, aber da ich häufig die Seite wechseln muss, habe ich schon bald wieder einmal nasse Füße. Da die Sonne heute nie den Durchbruch schafft, bleibt es weiterhin kühl und ich finde es unangenehm den ganzen Tag in nassen Strümpfen zu laufen.
Über weite Strecken kann ich den vegetationslosen Kiesbänken folgen und komme daher wesentlich einfacher als im Escalante Canyon voran.
Natürlich fühle ich mich auch nicht völlig sicher, denn ich weiß ja nicht, welche Wetterbedingungen am oberen Paria herrschen und ob nicht doch eine Welle auf mich zurollt …

                                            Hoffentlich kommt jetzt keine Flutwelle...

Daher versuche ich schnell vorwärts zu kommen und halte stets Ausschau nach einer Ausweichmöglichkeit zu höher gelegenem Terrain.
Obwohl die Canyonwände häufig steil aufragen, lässt sich an vielen Stellen so ein „Sicherheitstörchen“ finden.

                                                         Gibt es hier einen Ausstieg?

An manchen Stellen finde ich frisch abgeschnittene Tamarisken. Hier ist offenbar der Kampf gegen die ausbreitungsfreudige Einwanderin noch nicht aufgegeben worden.
Am Nachmittag gelange ich zu Judds Hollow, wo ich wieder einmal durch eine Steilwand zum Wechseln des Ufers gezwungen werde. Todd hatte mir heute Morgen schon von dieser Stelle erzählt. Er hatte gestern zwei Wanderer getroffen, die hier nur schwimmend den Paria überqueren konnten.
Wie bereits geschrieben, meine drei dünnen, „wasserdichten“ Säcke haben schon lange einige Löcher. Daher habe ich keine Lust weder meinen Schlafsack noch meine Kameraausrüstung einer Tauchpartie auszusetzen.
Als ich an den Pool gelange suche ich daher erst mal nach einer Möglichkeit die Stelle zu umgehen. Zwar habe ich nach einigen Versuchen eine Stelle entdeckt die mir den problemlosen Aufstieg auf eine Terrasse oberhalb des Flusses gewährt, aber ich muss ja auch wieder runter …

                                                 Oberhalb des Paria Rivers

Das entpuppt sich aber leider als unmöglich, überall fällt die Terrasse schließlich unpassierbar zum Paria ab.
Mir bleibt wohl oder übel nichts anderes über, als irgendwie durch den Pool zu gelangen, der hier offenbar von einem Felssturz gebildet wurde.
Ich lege Ausrüstung und Kleidung ab und erkunde zunächst die Tiefe des Gewässers. Nach einigen Tastversuchen gelingt es mir schließlich eine Watroute zu entdecken, auf der mir das Wasser lediglich bis zur Brust reicht. Dennoch verstaue ich alles was nicht nass werden darf in meine Trockensäcke und trete so beladen den ersten Ausflug durch den Teich an. Allerdings ist es gar nicht so einfach meine Route genau wiederzufinden. Plötzlich verliere ich den Boden unter den Füßen und befürchte schon mit meinen Säcken schwimmen zu müssen. Aber ein großer Schritt lässt mich wieder auf festem Grund landen, so dass die Trockensäcke nur ein wenig benetzt werden. Anschließend hole ich den Rucksack mit meiner restlichen Ausrüstung und habe schließlich alles auf dem richtigen Ufer.

                                                                Der tiefe Pool

Abends schlage ich mein Zelt an einer sandigen Stelle auf, die wie die Spuren zeigen, wohl häufiger zum Lagern genutzt wird. Obwohl es nach meinem Aufbruch heute Morgen nur noch einige Tropfen geregnet hat, ist es den ganzen Tag kühl und grau geblieben, so dass ich stets in Windshirt und langer Hose gelaufen war.
Obwohl der Paria Canyon sicher grandios ist, habe ich mittlerweile genug von wasserreichen Schluchten in der Wüste. Daher verwerfe ich auch meinen ursprünglichen Plan, den Little Colorado als Zugang in den Grand Canyon zu nehmen und beschließe als Alternative direkt zum Nordrand dieser weltbekannten Schlucht zu trampen, um von dort meine lange Wanderung durch diese „Mutter der Schluchten“ zu beginnen.
Morgens hat sich das Wetter geändert und ein strahlend schöner Tag bricht an. Bald kann ich wieder mit kurzer Hose und T- Shirt laufen und auch die nassen Füße machen mir nichts mehr aus. Ich laufe viel lockerer und befreiter weil jetzt endlich das unbestimmte Gefühl gewichen ist ob nicht doch noch eine Flutwelle unterwegs zu mir ist.
Heute kann ich auch richtig die Schönheit der Schlucht mit ihren hoch aufragenden Sandsteinwänden genießen.

                                                    Ein schöner Tag im Paria Canyon

Die Sonne lockt vielfältiges Leben hervor. So kann ich verschiedene Spechtarten und vor allem die wie immer häufigen Eidechsen beobachten. Neben den üblichen braunen gibt es hier auch regelrecht poppig wirkende, gelb- grün gemusterte Reptilien. Eine kleine Kröte gefällt mir besonders.



                                                       Tierleben im Paria Canyon

Leider hinterlässt der häufige Wechsel aus nass werden und trocknen bereits deutliche Spuren an meinen Stiefeln. Einige Nähte beginnen sich aufzulösen und ich entdecke ein kleines Loch. Zunächst noch nichts Dramatisches aber ich muss die Stiefel auf jeden Fall im Auge behalten und mich auf einen Ersatz einstellen, sollten sie irgendwann tatsächlich nicht mehr der Anstrengung gewachsen sein.
Die Umgebung des Flusses wird immer schöner. Das klare Wasser hat eine schöne, grüne Farbe und hüpft oft munter über glatt polierte Steinplatten.

                                  Hier ist der Paria ein munterer grünfarbener Fluss

Gegen Mittag nutze ich das schöne Wetter um mich und meine Wäsche im Fluss zu waschen, natürlich wie immer ohne Seife!
Der Fluss mäandert sehr stark hin und her, so dass ich, obwohl die zurückgelegte Entfernung in Luftlinie nicht besonders groß ist, trotzdem eine ganz ordentliche Distanz hinter mich bringe.
Später am Nachmittag treten die Schluchtwände zurück und ich kann für lange Zeit einer Art Pfad auf der rechten Schulter oberhalb des Parias folgen.
Die Gegend hier in Coloradonähe wirkt noch trockener, dennoch wachsen noch Pappeln in Bachnähe.

                                                             Oberhalb des Flusses

                                                       Der Canyon öffnet sich 

Gegen 17.30 entdecke ich einen günstigen Lagerplatz. Dass ich nicht der erste hier bin, zeigen ein kunstvoll erbauter Steintisch und ein Steinmännchen.

                                               Kunstvoll erbautes Steinmännchen

Die Tage sind jetzt schon sehr kurz. Bereits gegen 18.45 ist es fast dunkel.

Am nächsten Morgen färbt die aufgehende Sonne die umliegenden Canyonwände in ein schönes Rot. Sehr ungewohnt wirken auf mich einige mächtige Dünen mit rötlichem Sand und kleinen Kakteen auf die ich bald nach meinem Aufbruch stoße.


                                                                    Sanddünen

Meistens laufe ich heute wieder dichter am Fluss den ich auch einige Male queren muss.
Nach knapp vier Stunden erreiche ich einen Trailhead mit Holzbox. In dem darin enthaltenen Register sollen sich die Wanderer eintragen, die die Wanderung durch den Canyon machen wollen. Zu meinem Erstaunen haben sich nur relativ wenig Leute eingetragen. Ich hatte ja eigentlich auch auf dieser, nach dem Permitsystem zu urteilen, sehr beliebten Route, mit mehr Wanderern gerechnet. Aber auf der ganzen Strecke entlang des Paria habe ich niemanden getroffen, obwohl der Herbst eigentlich eine gute Zeit zum Wandern in der Schlucht ist.
Ich gelange jetzt in den historischen Distrikt von Lonely Dells Ranch und Lees Ferry. Der polygame Mormone John D. Lee ließ sich hier 1871 mit seinen Frauen nieder. Er betrieb eine Fähre über den Colorado die hauptsächlich von den anderen einwandernden Mormonen genutzt wurde und versorgte sich praktisch selber in dem er Bewässerungskanäle anlegte und dadurch Ackerbau auf dem fruchtbaren Schwemmland an der Pariamündung betreiben konnte.
Die historischen Gebäude wurden liebevoll restauriert und werden heute vom Nationalparkservice verwaltet. Da Lees Ferry mit dem PKW bequem erreichbar ist, finden zahlreiche Besucher hierher.
Nun, nach der Zahl der Autos auf dem Parkplatz zu urteilen, sind heute nicht gerade viele Leute hier. So gehe ich ein Stück weiter bis zum Colorado, wo eine Straße zum Lake Powell führt, einem Stausee, der als Wassersportdorado gilt.
Mein Glück ist unfassbar. Bereits das erste vorbeifahrende Auto hält! Caren arbeitet in dem Hotel am Nordrand des Grand Canyon und kommt gerade zurück von einem verlängerten Kajakwochenende am Lake Powell. Nachdem ich meinen Little Colorado Plan aufgegeben habe, möchte ich sowieso meine Wanderung am Grand Canyon North Rim fortsetzen, daher ergibt sich aus der Begegnung mit Caren die perfekte Mitfahrgelegenheit!
Zunächst fahren wir lange Zeit durch öde, trockene Wüste doch dann steigt die Straße rasch an. Nachdem wir die Wacholder-Zone durchquert haben, gelangen wir auf das kühle, von Nadelwald bedeckte Kaibab Plateau. Golden leuchtende Aspen und Reste des ersten Schneesturms der Saison verraten, dass hier der Herbst bereits im vollen Gang ist.

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