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06.12.2013

Durch Wüsten und Canyons des Colorado Plateaus 7

Nachdem es ja schon gestern Nachmittag ziemlich frisch war, ist es kein großes Wunder, das es in der Nacht gefroren hat. Leider habe ich kein Thermometer dabei, aber es sind sicher einige Grade unter 0.
Nachdem wir im Bryce Resort gut gefrühstückt haben setzen meine neuen Bekannten und ich uns in Gang.
Am Eingang zum Nationalpark muss ich keinen Eintritt bezahlen, da die Beiden einen Nationalparkpass haben, mit dem sie nach Belieben Parks ansteuern können.
Wir fahren zum Besucherzentrum, da ich mir dort noch ein für Übernachtungen im Park obligatorisches Backcountry Permit besorgen muss. Es kostet 5 Dollar für die eine Übernachtung die ich innerhalb der Parkgrenzen geplant habe.
Die junge Rangerin gibt mir bereitwillig Auskunft zu meinen Fragen, aber als sie mir erklärt, dass alle Bäche die als blaue Linien in der Karte eingezeichnet sind auch tatsächlich Wasser führen, kann ich das kaum glauben. Mal schauen!
Nachdem wir uns im Visitor Center ein wenig umgeschaut haben, fahren wir weiter zum Sunset Point, wo ich meine Wanderung beginnen möchte.
Hier bricht das auf etwa 3000 Metern Höhe gelegene Paunsagunt Plateau steil ab. Dieses ist die oberste Stufe des Grand Staircase, das ich ja nun schon ausgiebig erkundet habe.
Unter uns erstreckt sich eine Wunderwelt aus von der Erosion geformten, bizarren farbigen Felsen.




                                                 Bizarre Erosionsformen in Bryce  Canyon

Obwohl der Name Canyon suggeriert, dass dieses Naturwunder durch die Kraft des fließenden Wassers geschaffen wurde, ist diese Erklärung nicht richtig. Es friert hier an 200 Nächten im Jahr, während über Tag die intensive Sonne meist Plusgrade hervorbringt. Durch diese häufigen Wechsel aus Gefrieren und Auftauen wird das hier vorkommende weiche Kalkgestein von der Natur zu den erstaunlichsten Skulpturen geformt.
Ich verabschiede mich von meinen neuen Freunden und wandere zunächst auf dem Rim Trail von einem Aussichtspunkt zum Nächsten. Diese sind alle bequem mit dem Auto zu erreichen, dennoch hält sich die Zahl der Besucher noch in Grenzen.
Die kalte, glasklare Luft gewährt wunderbare Aussichten über das vielfarbene Kalksteinlabyrinth bis zu den umgebenden Bergen.

                                      In der kalten, klaren Morgenluft ergeben sich wunderbare Ausblicke

Nach einer Stunde biege ich auf den Under the Rim Trail ab, und sehe ab dann keinen weiteren Menschen mehr. Obwohl das ein absolut fantastischer, gut zu erreichender Weg unterhalb der Abbruchkante ist, wandert hier bei diesem tollen Wetter niemand außer mir. Kaum zu glauben!
Nachdem es eine ganze Zeit lang heute am Morgen des ersten Oktobers ziemlich kalt war, gewinnt die Sonne zunehmend an Kraft und bald kann ich bei angenehmen Temperaturen wieder in T- Shirt und kurzer Hose laufen.
Nach den kargen, vegetationsarmen Landschaften durch die ich bisher überwiegend gelaufen war, tut es gut mal wieder durch einen satt- grünen Nadelwald zu gehen. Meist ist die majestätische Ponderosa Kiefer die bestimmende Baumart aber an schattigeren Stellen gibt es auch silbrig glänzende Tannen und Douglasien. Immer wieder ergeben sich kontrastreiche Blicke auf die lachsfarbenen Klippen der Abbruchkante.


                                                     Sattgrüner Nadelwald vor lachsfarbenen Klippen

An trockeneren Standorten gibt es aber auch sandige Stellen, wo sich Kräuter und Gräser behaupten.
Zahlreiche Bachtäler führen in die Waldzone unterhalb des Steilhangs, allerdings sind sie bis auf den Yellow Creek alle trocken. Ich hatte mich ja gleich über die Auskunft der Rangerin gewundert …
Nachmittags komme ich in einen Bereich in dem offenbar vor kurzem ein Waldbrand gewütet hat. Je nach Intensität des Feuers wechseln völlig leblos erscheinende Zonen in denen selbst die Humusschicht verbrannt ist, mit Flächen ab, auf denen lediglich die Stämme der Kiefern verkohlt sind, die Kronen aber noch grün erscheinen.
Wie überall im amerikanischen Westen sind Waldbrände ein natürlicher Bestandteil im Lebenszyklus der Wälder. Schon im nächsten Jahr wird es sicher auf den Waldbrandflächen eine große Blütenpracht geben und unzählige Sämlinge die neue Generation des Waldes begründen.


                                                               Waldbrandgebiet

Auch auf einigen Zeltplätzen des Nationalparks ergibt sich dasselbe Bild, das ich von dem Trail gewonnen habe: Kein Mensch ist hier unterwegs.
Gegen Abend schlage ich mein Zelt an einem schönen Platz unter mächtigen Kiefern auf. Der Boden ist von ihren Nadeln bedeckt, die eine wunderbar weiche Unterlage ergeben.
Da Amerika ja die Heimat des Fetts ist, möchte ich auch einmal eine Alternative zu meiner Nudelernährung ausprobieren. Daher habe ich für diesen Abschnitt nur Lebensmittel wie Käsecracker, Erdnussbutter und Energieriegel gekauft. Nach den Nährwertangaben auf den Verpackungen sollte ich damit genügend Kalorien aufnehmen können. Aber ich merke bereits heute Abend, dass mich die kalte Küche nicht zufriedenstellt und ich sicher wieder zu meinen Nudeln zurückkehren werde.
Nach einer nicht zu kalten Nacht färbt am nächsten Morgen die aufgehende Sonne die hinter mir steil aufragenden Klippen des Paunsagunt Plateaus.

                                                           "Alpenglühen" am Morgen

Bereits nach einer Stunde wandern kann ich wieder zu kurzer Hose und T- Shirt wechseln. Vor mir liegt ein fantastischer, klarer Morgen an dem die Farben des Herbstes so richtig erstrahlen.

                                                        Rot gefärbter Ahorn

                                            Ahorne und Aspen in Herbstfarben


Zwar dominiert das satte Grün des Nadelwaldes aber im Unterwuchs setzen rote Ahorne und gelbe Eichen sowie Aspen immer wieder prächtige Farbtupfer.
Einige Male kann ich kleine Streifenhörnchen beobachten von denen eines mit einer Nuss in den Pfoten mich bis auf sehr kurze Entfernung herankommen lässt.

                                                            Streifenhörnchen

Einige Male gelange ich zu baumlosen Aussichtspunkten die herrliche Blicke in die Wunderwelt von Bryce gewähren.

                                             Bryce - Felsen und Wald

Auch heute habe ich den Park weitgehend für mich alleine. Nur in der Nähe von Rainbow Point begegne ich einem spazierengehenden Paar.
Die Bachbetten sind alle völlig trocken, aber an Iron und Riggs Spring kann ich mich neu mit Wasser versorgen.

                                                 Die Bachbetten sind alle trocken

Bevor ich am Spätnachmittag den Nationalpark verlasse kann ich noch einmal Wald und Felsen genießen.

                                                            Abschied von Bryce

Und tatsächlich, kaum habe ich die Nationalparkgrenze überquert weicht auch schon der geschlossene Wald dem offenen Wacholder Buschland. Noch im Nationalpark hatte ich bereits Rinderspuren gesehen, als ich die Schlucht von Bullrush Hollow erreiche, zeigt sich, dass die Kühe die wenigen Wasserlöcher in Schlammbäder verwandelt haben, deren giftiggrüne Farbe nicht gerade zum Trinken einlädt …
Obwohl es friert überstehe ich die Nacht recht gut. Das Wasser in Bullrush Hollow ist tief gefroren und zum ersten Mal auf dieser Tour ziehe ich alles an Kleidung an, was ich dabei habe: Über die Wanderhose kommt die einfache Nylonregenhose. Am Oberkörper trage ich außer dem üblichen T- Shirt, ein ultraleichtes Windshirt, meinen Fleece Gecko, und als Geheimwaffe die Daunenjacke die ich für solche Fälle im Rucksack trage. Trotz aller Kleidung wird mir nicht richtig warm…
Ich überquere zum letzten Mal die Skutumpah Road und tauche dann in die Bullrush Gorge ein. Deren geschützte Wände sind von hohen Nadelbäumen bewachsen.

                                                        Bullrush Gorge

Erst nach 10 Uhr wird es langsam wärmer und ich kann mich nach und nach meiner Kleidungsschichten entledigen. Weiterhin folge ich Park Wash, wo ich zeitweise in einer Fahrspur laufen kann. Zu beiden Seiten ragen Tafelberge, hier Mesa genannt auf.
Der Name „No Mans Mesa“ gefällt mir besonders. Ich kann zwar keinen Zugangsweg ausmachen, aber ich habe gelesen, dass es eine Möglichkeit gibt auf dieses weitläufige Hochplateau zu gelangen. Da dort oben offenbar nie Vieh gegrast hat, können Ökologen besonders gut die Unterschiede zu den übrigen mehr oder weniger stark von Rindern geprägten Lebensräumen des Colorado Plateaus erforschen.

                                       No Mans Mesa

Gegen 15 Uhr stoße ich auf eine regelrechte Piste, die Park Wash Road. Es gibt hier sogar Verkehrsschilder die auf Orte mit so interessanten Namen wie „Mollies Nipple und Nipple Ranch“ hinweisen…
Die Viehzüchter hier haben entweder Humor oder leiden an einem echten Notstand, was die holde Weiblichkeit angeht…
Im Tal gibt es bald sogar eingezäunte Weiden mit Viehtränken. Da mein Wasservorrat fast erschöpft ist, bediene ich mich großzügig.
Einmal treffe ich auf eine große Klapperschlange die mitten auf der Straße liegt und ihre Anwesenheit durch das charakteristische Klappern mitteilt.
Das schöne Wetter scheint sich zu ändern. Ein kalter Wind bläst und die Wolken über einer Mesa lassen nichts Gutes erwarten.

                                                         Das Wetter ändert sich

Einige Zeit nachdem ich an einer kleinen Ranch vorbei gekommen bin, schlage ich mein Lager abseits der Piste im Wacholderwald auf.
Der Aufgang des vollen Mondes erzeugt eine schöne Stimmung.


                                                Vollmondaufgang

Auch als ich am Morgen wieder aufbreche steht der Mond noch am Himmel. Es ist sehr windig und kühl, geradezu ungemütlich, eine Seltenheit auf meiner bisherigen Wanderung unter dem meist strahlend blauen Himmel.
Schon nach etwas über einer Stunde erreiche ich den Highway 89. Im Prinzip könnte ich direkt weiter wandern. Aber als nächstes möchte ich Buckskin Gulch und den Paria Canyon erkunden. Das Permit hierfür habe ich zwar schon in Deutschland beantragt, muss es mir aber noch persönlich abholen, weshalb ich nach Kanab trampen will.
Heute an einem Sonntagmorgen herrscht nicht gerade viel Betrieb auf der Straße, aber auch wenn nur selten Autos vorbeifahren, eines könnte mich doch wenigstens mitnehmen!
Ich habe keine Lust an einer Stelle zu stehen und wandere daher auf der Straße weiter durch die trockene Weite.Nach zwei Stunden erbarmt sich ein LKW- Fahrer meiner und nimmt mich die 60 Kilometer bis nach Kanab mit. Wir halten beim Visitor Center des Grand Staircase- Escalante Nationalmonuments in dem auch mein nächster Wanderabschnitt wieder liegt. Ich hoffe hier mein Permit zu erhalten, erfahre aber, dass ich mir dieses bei der BLM Kanab Field Station am anderen Ende des Ortes abholen muss. Da heute Sonntag ist hat sie natürlich geschlossen!
Also beiße ich in den sauren Apfel und suche mir ein günstiges Motel. Anschließend erkunde ich den Ort. Kanab ist viel größer als die letzten Orte durch die ich gekommen bin und am ehesten noch mit Moab zu vergleichen, wenn auch nicht ganz so touristisch. Immerhin gibt es hier einen gut ausgestatteten Supermarkt, etliche Restaurants und sogar einen Outdoorladen.
Ich lasse es mir nicht nehmen in ein Restaurant einzukehren. Die Hauptmahlzeit ist schon großzügig, aber das darauf folgende Eis ist einfach gigantisch!
Es kommt wie es kommen musste, hinterher ist mir schlecht und mein Bauch grummelt noch den ganzen restlichen Tag.
Ich nutze die Gelegenheit mich neu zu verproviantieren um endlich die Käsecracker Diät abbrechen zu können …

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